Wasserrecht; Bekanntmachung zur vorläufigen Sicherung des vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein ermittelten Überschwemmungsgebiets (Wildbachgefährdungsbereich) am Alplbach (Gewässer III. Ordnung, ausgebauter Wildbach), Flusskilometer 0,000 bis 1,200 auf dem Gebiet der Gemeinde Staudach-Egerndach, Landkreis Traunstein

Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es wichtig ist, aktiv vorzusorgen, um Hochwasserschäden zu minimieren. Eine Voraussetzung dafür ist, die Gebiete zu ermitteln, die bei Hochwasser voraussichtlich überschwemmt werden. Das Bayerische Wassergesetz (BayWG) verpflichtet deshalb die Wasserwirtschaftsämter, die Überschwemmungsgebiete in Bayern zu ermitteln und zu kartieren (Art. 46 Abs. 1 BayWG). Gleiches gilt nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 BayWG für Wildbachgefährdungsbereiche.

Grundlage für die Ermittlung des Überschwemmungsgebiets ist das 100-jährliche Hochwasser unter Berücksichtigung der wildbachtypischen Eigenschaften (Bemessungshochwasser − HQ100). Ein 100-jährliches Hochwasser wird an einem Standort im statistischen Durchschnitt in 100 Jahren einmal erreicht oder überschritten. Da es sich um einen statistischen Wert handelt, kann dieser Abfluss innerhalb von 100 Jahren auch mehrfach auftreten. Bei der Ermittlung der Wildbachgefährdungsbereiche sind die wildbachtypischen Eigenschaften zu berücksichtigen. Diese umfassen ein zumindest streckenweise großes Gefälle, rasch und stark wechselnden Abfluss und zeitweise hohe Feststoffführung (insbesondere Schwemmholz, Sand, Kies und Geröll).

Für den Wildbachgefährdungsbereich am Alplbach auf dem Gebiet der Gemeinde Staudach-Egerndach im Landkreis Traunstein wurde das Überschwemmungsgebiet berechnet und im anliegenden Übersichtsplan dargestellt. Es beginnt rund 100 m südöstlich von Staudach-Egerndach (ca. Fkm 1,200) und erstreckt sich entlang des Alplbachs bis zur Mündung in die Tiroler Achen (Fkm 0,000). Aufgrund einer Ausleitung (Durchlass) in nördliche Richtung liegt zudem auch der weiterführende Blassenbach auf einer Fließstrecke von rund 600 m innerhalb des vorläufig zu sichernden Überschwemmungsgebiets des Alplbachs.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um die Ermittlung und Dokumentation einer von Natur aus bestehenden Gefährdungslage und nicht um eine durchgeführte oder veränderbare Planung handelt.

Die bei einem Bemessungshochwasser überschwemmten Flächen sind in einer Übersichtskarte im Maßstab M 1 : 25.000 blau hinterlegt und in einer Detailkarte im Maßstab M 1 : 2.500 diagonal schraffiert sowie blau hinterlegt und eingefasst. Die Karten können im Landratsamt Traunstein und in der Gemeinde Staudach-Egerndach täglich während der üblichen Dienstzeiten eingesehen werden.

Darüber hinaus sind ermittelte, vorläufig gesicherte und festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Internet im UmweltAtlas Bayern, Karteninhalt Naturgefahren (www.umweltatlas.bayern.de) für die Öffentlichkeit dokumentiert und können dort eingesehen werden. Unter www.iug.bayern.de sind weitere Informationen zu Überschwemmungsgebieten sowie rechtliche Grundlagen und Hinweise zum Festsetzungsverfahren enthalten. Wasserspiegellagen sind im Einzelfall beim Wasserwirtschaftsamt Traunstein zu erfragen.

Mit dieser Bekanntmachung gelten die als Überschwemmungsgebiet dargestellten Flächen als vorläufig gesicherte Gebiete. Damit sind insbesondere folgende Rechtswirkungen verbunden:

Im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet ist gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 8 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB) untersagt. Das Verbot gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften (§ 78 Abs. 1 Satz 2 WHG).

Ausnahmsweise kann das Landratsamt (Kreisverwaltungsbehörde) Traunstein abweichend von dem genannten Verbot nach § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG die Ausweisung neuer Baugebiete unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 WHG zulassen.

Nach § 78 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 8 WHG hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für Gebiete, die nach § 30 Abs. 1 und 2 oder § 34 BauGB zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB insbesondere zu berücksichtigen:

  1. die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
  2. die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
  3. die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.

Dies gilt für Satzungen nach § 34 Abs. 4 und § 35 Abs. 6 BauGB entsprechend.

Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 8 WHG ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB untersagt. Das Verbot gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens (§ 78 Abs. 4 Satz 2 WHG).

Im Einzelfall kann das Landratsamt (Kreisverwaltungsbehörde) Traunstein abweichend von § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB gemäß § 78 Abs. 5 WHG zulassen, wenn

  1. das Vorhaben
  2. a) die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verlorengehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
  3. b) den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
  4. c) den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
  5. d) hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
  6. die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.

Bei der Prüfung der zuvor genannten Voraussetzungen sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen (§ 78 Abs. 5 Satz 2 WHG).

Gemäß § 78a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 WHG ist in vorläufig gesicherten Überschwem-mungsgebieten ebenfalls untersagt:

  1. die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen, die den Wasserabfluss behindern können,
  2. das Aufbringen und Ablagern von wassergefährdenden Stoffen auf dem Boden, es sei denn, die Stoffe dürfen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden,
  3. die Lagerung von wassergefährdenden Stoffen außerhalb von Anlagen,
  4. das Ablagern und das nicht nur kurzfristige Lagern von Gegenständen, die den Wasserabfluss behindern können oder die fortgeschwemmt werden können,
  5. das Erhöhen oder Vertiefen der Erdoberfläche,
  6. das Anlegen von Baum- und Strauchpflanzungen, soweit diese den Zielen des vorsorgenden Hochwasserschutzes gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und § 75 Abs. 2 WHG entgegenstehen,
  7. die Umwandlung von Grünland in Ackerland,
  8. die Umwandlung von Auwald in eine andere Nutzungsart.

Die zuvor genannten Verbote nach § 78a Abs. 1 WHG gelten nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung, des Hochwasserschutzes, einschließlich Maßnahmen zur Verbesserung oder Wiederherstellung des Wasserzuflusses oder des Wasserabflusses auf Rückhalteflächen, für Maßnahmen des Messwesens sowie für Handlungen, die für den Betrieb von zugelassenen Anlagen oder im Rahmen zugelassener Gewässerbenutzungen erforderlich sind.

Das Landratsamt (Kreisverwaltungsbehörde) Traunstein kann im Einzelfall abweichend von den zuvor genannten Verboten Maßnahmen zulassen, wenn

  1. Belange des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen,
  2. der Hochwasserabfluss und die Hochwasserrückhaltung nicht wesentlich beeinträchtigt werden und
  3. eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu befürchten sind

oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können (§ 78a Abs. 2 Satz 1 WHG). Bei der Prüfung der Voraussetzungen der zuvor genannten Nummern 2 und 3 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen (§ 78a Abs. 2 Satz 3 WHG).

Die Zulassung kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen oder widerrufen werden (§ 78a Abs. 2 Satz 2 WHG).

Nach § 78a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 WHG sind in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten im Falle einer unmittelbar bevorstehenden Hochwassergefahr Gegenstände nach § 78a Abs. 1 Nr. 4 WHG durch ihren Besitzer unverzüglich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen.

Nach § 78c Abs. 1 WHG ist die Errichtung neuer Heizölverbraucheranlagen in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten verboten. Das Landratsamt Traunstein kann auf Antrag Ausnahmen zulassen, wenn keine anderen weniger wassergefährdenden Energieträger zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten zur Verfügung stehen und die Heizölverbraucheranlage hochwassersicher errichtet wird. Im Übrigen gilt § 78c Abs. 2 WHG (Nachrüstpflicht).

In vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten gelten für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen insbesondere die Anforderungen nach § 50 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Für Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen) im Sinne des § 2 Abs. 13 AwSV gelten anstelle des § 50 insbesondere die Bestimmungen der Nrn. 8.2 und 8.3 Anlage 7 AwSV. Zudem haben Betreiber prüfpflichtiger Anlagen gemäß § 46 AwSV die Prüfzeitpunkte und -intervalle nach Maßgabe der Anlage 6 AwSV zu beachten.

Die vorläufige Sicherung ist Grundlage für weitere Entscheidungen des Landratsamts über die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets durch Rechtsverordnung. Die vorläufige Sicherung endet, sobald die Rechtsverordnung zur Festsetzung des Überschwemmungsgebiets in Kraft tritt oder das Festsetzungsverfahren eingestellt wird. Sie endet spätestens nach Ablauf von fünf Jahren. Im begründeten Einzelfall kann die Frist vom Landratsamt Traunstein höchstens um zwei weitere Jahre verlängert werden (vgl. hierzu Art. 47 Abs. 4 BayWG).

Traunstein, 29.07.2024

LANDRATSAMT TRAUNSTEIN

Christian Nebl

Abteilungsleiter

Anlage

Übersichtskarte Vorläufige Sicherung (hinten im Dokument)